Sonntag, 31. März 2013

Sei bescheiden, halt dein Maul!


Guido war schon immer die Art von Person, die er heute ist. Stets beliebt, einen sicheren Job als Schlosser in einem mittelständischen Unternehmen. Er spielt in einer Thekenmannschaft Fußball und scheint darüber hinaus alles im Griff zu haben. Wie es die Macht der Gewohnheit so will, zieht er schon seit einigen Jahren so seine herkömmlichen Kreise. Nicht immer begeistert, würde er doch gern etwas mehr Geld verdienen, ist Guido jedoch zufrieden mit dem was er hat. Nun ja, wäre da nicht seine Freundin Susi. Sie sind seit 6 Jahren zusammen. Und wie das mit zwei Individuen so ist, gerät die Balance zwischen gemeinschaftlichem Interesse und realer Umsetzung irgendwann ins Wanken. Sagte ich gerade gemeinschaftliche Interessen? Ich lasse es mal so stehen…

Eines Mittags  beim Essen, Guido liest gerade den Sportteil der Bildzeitung, Susi wirkt etwas unruhig. „Du Schatz, willst du nichts ändern?“ Guido schaut langsam auf: „Soll ich mir andere Socken anziehen?“ „Nein du Doof. Irgendetwas anders machen. Mal wo anders in den Urlaub fahren. Heiraten, Kinder kriegen, ein anderes Restaurant besuchen oder mal was ganz anderes machen?“  Der 29-jährige Kapitän der orstansässigen Thekenmannschaft, der schon seit ewigen Zeiten bestehenden Thekenmannschaft, hat kurz das Wort Trennung auf der Zunge, aber verwirft diesen Gedanken wieder. „Ist das nicht ein bisschen viel auf einmal. Ich muss jetzt weg. Wir haben gleich Training. Ich lass mir etwas einfallen.“ Die Tür fällt ins Schloss, bevor Susi etwas sagen kann. Schweigen füllt den Raum und Susi fängt an sauber zu machen.

Abends sitzt Susi auf der Couch und Guido müsste jeden Moment vom Training zurück kommen. „Ich habs“, sagt Guido, die Tür knallend und stürmt ins Wohnzimmer. „Wir gehen klettern. Zusammen. Im Kletterpark!“ Susi scheint überrascht zu sein und will gerade vom Sofa aufstehen und etwas sagen. „Ich gehe ins Schlafzimmer, Champions League läuft“, unterbricht er sie und geht rüber. Susi tappelt hinterher und fragt: „ Wann denn?“ Guido antwortet genervt: „Am Samstag, zehn Uhr. Und jetzt Maul halten, Gomez ist gerade am Ball!“

So hat der Guido sich das vorgestellt! @ Scherzblog


Es ist Samstagmorgen, Guido scheint am Vorabend ein Bier zu viel getrunken zu haben. Trotz allem freut sich  Susi auf den Ausflug. Eventuell kann man später ja noch mal auf das Thema mit den Kindern oder aufs Heiraten kommen, denkt sie sich. Sie hält Guido die Tür auf. Er torkelt hinein und eckt kurz am Türrahmen an. Es war vielleicht doch mehr als nur ein Bier zu viel. Susi verdreht die Augen und seufzt. „Alles Ok! Ich gehe kurz duschen und dann fahren wir!“ …

Piep…Piep…Piep… Das EKG gibt einen regelmäßigen Ton von sich.  Susi liegt im Krankenhaus. Was ist nur schief gelaufen? Nun ja, er hat sie fallen gelassen als Susi in der Kletterwand hing. Mit einer Hand eine Nachricht auf einem Smartphone zu schreiben war noch nie Guidos Ding. Sie hat sich doch nur ein Bein gebrochen, denkt sich Guido und vergisst dabei die zwei gebrochenen Rippen, ein Dutzend blaue Flecken am Körper und die Tatsache, dass sie sich die Radieschen jetzt von unten angucken würde, wenn sie mit dem Kopf voran Richtung Boden geschnellt wäre. Ach ja, zwei große Schrauben zieren jetzt ihren Oberschenkel. Nein, ich meinte natürlich fixieren.

Susi kommt langsam zu sich. Noch benebelt von der Narkose brabbelt sie irgendetwas vor sich hin. Nachdem sie Guido wahrnimmt, läuft sie rot an und will etwas sagen. Wenn Blicke töten könnten!!! Guido will gerade etwas sagen, aber da klingelt sein Handy. Eine SMS. Ein Fußballkollege fragt was heute noch geht. „Schatz, ich muss gerade weg, wir reden später. Und gute Besserung!“ Und schon ist er weg. Guido schreitet durch den Krankenhausflur und überlegt, ob er nicht doch zurück gehen soll. Er schaut auf die Uhr. 15:15. Bundesliga fängt gleich an und er kann es noch rechtzeitig schaffen. Das mulmige Gefühl in seiner Magengegend weicht einem kleinen Grinsen in seinem Gesicht. „Susi muss eh noch was schlafen“, sagt er zu sich selbst. Und verlässt das Krankenhaus. Und die Moral von der Geschicht: Einer hängt immer am Haken und der andere nicht!

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